OFFENER BRIEF: An die Oberbürgermeisterin der Stadt Halle Frau Dagmar Szabados

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, mit großer Freude haben wir vernommen, dass die Stadt Halle einen Khatchkar zum Gedenken an die 1,5 Millionen Opfer des osmanischen Völkermords an den Armeniern errichten will.

Vor sieben Jahren hat die Stadt Bremen mit aktiver Unterstützung des damaligen Bürgermeisters und Präsidenten des Senats, Herrn Henning Scherf, einen solchen Kreuzstein aufgestellt: als erstes offizielles Mahnmal an den Genozid in Deutschland. Die Gedenktafel trägt, auf armenisch und deutsch, folgende Inschrift:
 
24. April 1915
24. April 2005
Zum 90. Jahrestag des Völkermordes an den Armeniern im Osmanischen Reich gedenken wir der 1500000 ermordeten Armenier

 
Diese Inschrift (identisch übrigens mit dem Braunschweiger Khatchkar) war und ist nie Streitpunkt einer politischen Auseinandersetzung gewesen. Es gab einen breiten Konsens, dass ein Mahnmal, das der Opfer eines Völkermords gedenkt, selbstverständlich diesen Völkermord auch benennen muss.
 
Wir können nur an die Stadt Halle, an Sie persönlich und an den Kulturausschuss der Stadt appellieren, zu den ursprünglich vorgesehenen Formulierungen zurück zu finden. Andernfalls läuft die Stadt Gefahr, selbst in den Verruf zu kommen, den Völkermord verleugnen und damit die Leugnung auch über das Jahr 2015 hinaus verlängern zu wollen.
 
Braucht es heute denn wirklich Mut, einen Völkermord einen Völkermord zu nennen?
 
Mit freundlichen Grüßen
 
Vorstand des Zentralrats der Armenier in Deutschland
 
Vorsitzender
 
Azat Ordukhanyan
 
Frankfurt am Main

22.11.2012