Das nahe Unbekannte Liebenberg (ds) – Armenien: Viel fällt Deutschen nicht zu der Kaukasus-Republik ein.

Manchen kommt Armin T. Wegner in den Sinn, der Neuglobsower, der zum Chronisten von Vertreibung und Völkermord an den Armeniern wurde. Was das Osmanische Reich 1915/16 in Vorderasien zu verantworten hatte, führt nach wie vor regelmäßig zu internationalen Spannungen.

Der von den Türken bis heute abgestrittene Genozid gilt als Grund dafür, warum sich das Volk über die ganze Welt verbreitete. Nur rund drei Millionen Armenier leben in ihrem Heimatland, bis zu 13 Millionen fanden anderenorts ein Zuhause – mit sehenswerten Folgen, wie die neue Ausstellung in der Galerie von Gut und Schloss Liebenberg beweist.

Sieben in Deutschland lebende Armenier zeigen dort seit Sonnabend ihre Werke und werden so zu Botschaftern einer kulturellen Identität, die kein Schattendasein verdient hat.
So zumindest empfindet es Azat Ordukhanyan, der Vorsitzende des Zentralrats der Armenier in Deutschland. Seine Landleute beschreibt er als Bereicherung für jedes Land. Sehr viele Bildhauer und Maler hätten in der Bundesrepublik eine Heimat gefunden. Und wenn Ordukhanyan sagt, „Wir müssen an der Wahrnehmung der Armenier arbeiten“, hofft er dabei auf Unterstützung der Künstler und alle rund 65 000 Armenier in Deutschland.
Denn vieles, was aus der Kaukasus-Republik kommt, wird als solches kaum mehr wahrgenommen. „Den Säbeltanz kennt jeder“, erinnert der Zentralratsvorsitzende an Komponist Aram Chatschaturjan, einen Armenier. Und wo kommt Boxer Arthur Abraham her? Genau, aus der Hauptstadt Jerewan.

Einmal auf das unentdeckte Armenische in unserem Alltag angesprochen, kennt Ordukhanyan kein Halten mehr. Beispiel „Tchibo“: zusammengesetzt aus dem Namen des armenischen Kaufmanns Carl Tchilling-Hiryan und Bohne. Ganz zu schweigen vom Nikolaus. Den, so Azat Ordukhanyan, schenkte die aus dem heutigen Armenien stammende Kaiserin Theophanu, Gemahlin von Kaiser Otto II., vor gut 1 000 Jahren den Deutschen.
Vor diesem Hintergrund könne die Liebenberger Ausstellung nur eine Facette in dem Bemühen sein, die armenische Kultur bekannter zu machen, meint der Zentralratsvorsitzende. In der neuen Generation seiner Landsleute sieht Ordukhanyan „einen Humus – fruchtbar, reichhaltig und modern“. Daher wünscht er sich künftig noch mehr und größere Ausstellungen von Armeniern.
Die könnten dann ähnlich überraschend geraten wie der Auftritt von Gor Arsenyan. Unangekündigt bereicherte der Sänger die Vernissage am Sonnabend und setzte damit ein dickes Ausrufezeichen hinter dem Wunsch nach mehr Wahrnehmung der Armenier in Deutschland.